Den ersten Schritt in die Wissenschaft als berufliche Tätigkeit zu wagen, ist durchaus mit Herausforderungen verbunden und auch nicht immer klar vorgezeichnet. Für mich stand dennoch bereits während meines Bachelorstudiums fest, dass ich unbedingt versuchen möchte, diesen Weg zu bestreiten. Den ersten Anlauf nahm ich entsprechend frühzeitig und bewarb mich schon während meines letzten Master-Studiensemesters auf eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Durch meine Hilfskraft-Tätigkeit neben dem Studium hatte ich bereits einige Einblicke in aktuelle Forschungsvorhaben an der Technischen Universität Chemnitz. Im Zuge dessen war ich schon vor dem Start des SFB Hybrid Societies durch kleinere Rechercheaufgaben in die Vorbereitungen involviert und durfte zudem an der Veranstaltung zur Begutachtung durch die DFG teilnehmen. Diese Aufgaben inspirierten mich auch dazu in meiner Masterarbeit bereits eine thematische Verbindung zu einem Teilprojekt des SFB herzustellen, indem ichverkörperte autonome Technologien hinsichtlich der sozialen Entwürfe untersuchte, die einerseits visuell in ihnen stecken und andererseits diskursiv über sie ausgehandelt werden.
Das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, gehört im Leben manchmal auch dazu. So war ich etwa durch meine Hilfskraft-Tätigkeit bereits als Studierender in aktuelle Forschungsprojekte eingebunden und erfuhr auf diesem Wege, dass zur Zeit der Abgabe meiner Abschlussarbeit im SFB Forschungsstipendien ausgeschrieben wurden. Das war natürlich eine Möglichkeit, die wie für mich geschaffen schien und das genau im richtigen Moment. Deshalb war sofort klar: Hier bewerbe ich mich. Mit dem Plan, auf die Thematik meiner Masterarbeit aufzubauen und daraus ein Promotionsvorhaben zu formen, erhielt ich dann auch eines der Stipendien.
Für einen Neuling in der Wissenschaft ist es sehr dankbar, durch die Forschungsstruktur des SFB und das integrierte Graduiertenkolleg an die Hand genommen zu werden. So wird man von Beginn an dabei unterstützt, in einem derart großen Projekt Fuß zu fassen.
Zwar hat man als Stipendiat nicht die gleichen Aufgaben wie ein Mitglied des Graduiertenkollegs. Dennoch kann man aber von allen Vorteilen und Angeboten wie Workshops oder Kolloquien des Kollegs Gebrauch machen, um das eigene Forschungsvorhaben zu schärfen und voranzutreiben.
Ein so groß angelegtes und weit gefächertes interdisziplinäres Projekt wie Hybrid Societies, mit seiner breiten Vielfalt an beteiligten Forschenden, eröffnet vielerlei Chancen, Kontakte über das eigene Feld hinaus zu knüpfen und auch generell über den Tellerrand der eigenen Disziplin zu blicken. Neben dem fachlichen ist auch der informelle Austausch, beispielsweise bei einem Zoom-Abend mit den anderen Promovierenden, nicht zu unterschätzen. In der Vernetzung mit den SFB-Mitgliedern, die vor vergleichbaren Problemen oder Herausforderungen stehen, liegt nicht nur die Chance, durch inhaltliche Diskussionen weiterzukommen. Mir persönlich gab sie oft auch die mentale Bestärkung, dass ich nicht allein vor einem scheinbar riesigen Projekt stehe. Aber auch über den Sonderforschungsbereich hinaus bestehen durch die vielfältigen Veranstaltungen und Formate zahlreiche Möglichkeiten, externe Kontakte zu knüpfen und erste Schritte für das eigene wissenschaftliche Networking zu unternehmen.
Genau das war ausschlaggebend für meine Zeit nach dem Stipendium und meinen Weg hin zu einer Qualifikationsstelle. Durch die Veranstaltungen im SFB kam ich zunächst erneut in Kontakt mit einem meiner früheren Professoren, der als Teil des SFB mittlerweile an der Universität Leipzig lehrt und der dort Projektstellen ausgeschrieben hatte. Durch meine letztendlich erfolgreiche Bewerbung habe ich zwar das Stipendium frühzeitig zurückgeben müssen und anschließend thematisch noch einmal eine komplette Neuorientierung gewagt. Ohne die umfassenden Möglichkeiten, die mir im Vorfeld durch den SFB eröffnet wurden, hätte ich allerdings schon diese Option kaum gehabt. Das idealtypische Muster, wie aus einem Stipendium mehr werden kann, sieht sicherlich anders aus. Doch so oder so stellt sich nach 12 Monaten Stipendium die Frage, wie es mit dem eigenen Projekt weitergeht. Ein Jahr kann nur ein Anschub sein, ein Promotionsvorhaben ins Rollen zu bringen – auf die eine oder andere Weise.
Die Zeit als Stipendiat war für mich in verschiedener Hinsicht wertvoll. Nicht nur, weil sie mir den Einstieg in die Wissenschaft geebnet hat, sondern auch weil ich ein – wenn auch kleiner – Teil eines großen und, wie ich finde, bedeutenden Forschungsvorhabens sein konnte, weil ich vielen interessanten Menschen begegnen durfte, und weil ich mich außerhalb des Studiums forschend ausprobieren und ganz bewusst für die Wissenschaft entscheiden konnte.
Benedikt Haupt – Stipendiat 2020 im Projekt “Displays sozialer Zurechenbarkeit”
(seit 2021 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, Universität Leipzig)
Foto: Ingmar Rothe